Das neue Jahressteuergesetz hat in diesem Jahr zahlreiche Änderungen mit sich gebracht. Eines der am stärksten betroffenen Themen ist dabei die Erbschaftssteuer auf Immobilien. Wer von nun an eine Immobilie erbt, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen, als es zuvor noch der Fall war. Lohnt sich das Vererben von Immobilien mit dem neuen Gesetz also nicht mehr? Im Ratgeber erfahren Sie alles rund um die neue Wertermittlung, die Berechnung der Erbschaftssteuer, was es zu beachten gilt und welche Möglichkeiten Sie dennoch nutzen können, um Steuern zu sparen.
Die Themen im Überblick:
Allgemein:
- Was ist die Erbschaftssteuer?
- Wie hoch ist die Erbschaftsteuer bei Immobilien?
- Erbschaftsteuer Freibetrag: Wann muss ich zahlen?
Neues Gesetz 2023:
- Neues Gesetz: Das ändert sich bei der Erbschaftssteuer Immobilien
- Welche Auswirkungen hat das auf die Erbschaftssteuer?
Steuern und Verkauf:
Was ist die Erbschaftssteuer?
Wer eine Immobilie erbt, ist in den allermeisten Fällen zur Zahlung von Erbschaftssteuer verpflichtet – vorausgesetzt natürlich, das Erbe wird angenommen. In Deutschland unterliegen sämtliche Erbschaften dem Gesetz nach der Steuerpflicht. Über die genaue Höhe der zu zahlenden Erbschaftssteuer entscheiden der Wert der Immobilie und der Verwandtschaftsgrad zum Verstorbenen. Im Folgenden erfahren Sie nicht nur, welche Steuersätze und Freibeträge es gibt, sondern auch, wie Sie die Erbschaftssteuer bei Immobilien umgehen können.
Wie hoch ist die Erbschaftsteuer bei Immobilien?
Entscheidet sich der Erbe dazu, das Erbe anzunehmen, ist er dazu verpflichtet, das Finanzamt, das zuletzt für den Verstorbenen zuständig war, innerhalb von drei Monaten nach Tod des Erblassers über die Erbschaft zu informieren. Andernfalls drohen ernstzunehmende Konsequenzen. Im Rahmen des Schriftverkehrs wird das Finanzamt darüber entscheiden, ob der Erbe eine Erbschaftssteuererklärung abzugeben hat. Ist das der Fall, wird das Finanzamt anhand unterschiedlicher Informationen zum geerbten Vermögen prüfen, ob der Erbe Erbschaftssteuer zu zahlen hat.
Dabei gelten je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedliche Steuersätze und Freibeträge. Kommt das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass Erbschaftssteuer anfällt, wird es den Erben zur Zahlung auffordern. Bis dahin können durchaus ein bis zwei, maximal aber vier Jahre vergehen. Danach ist die Erbschaftssteuer verjährt. Grundsätzlich werden Erben nach dem Erbschaftsrecht in drei Steuerklassen unterteilt, die sich alleine aus dem Verwandtschaftsverhältnis ergeben: Steuerklasse I, Steuerklasse II und Steuerklasse III. Steuerklasse I betrifft Ehepartner, Kinder, Stiefkinder, Enkel, Urenkel, Eltern und Großeltern. Steuerklasse II bezieht sich auf Geschwister, Nichten, Neffen, Ehepartner nach Scheidung, Stiefeltern, Schwiegerkinder und Schwiegereltern. Steuerklasse III schließlich betrifft alle weiteren Erben, die in Steuerklasse I und Steuerklasse II nicht genannt sind.
Je nachdem, zu welcher Steuerklasse der Erbe gehört, erhebt das Finanzamt unterschiedlich gestaffelte Steuersätze, die im Hinblick auf die Erbschaftssteuer bei Immobilien entscheidend sind.
Zu versteuernde Erbschaft nach Abzug der Freibeträge | Steuerklasse 1 | Steuerklasse 2 | Steuerklasse 3 |
Steuerklasse 1bis zu 75.000€ | 7% | 15% | 30% |
bis 300.000€ | 11% | 20% | 30% |
bis 600.000€ | 15% | 25% | 30% |
bis 6.000.000€ | 19% | 30% | 30% |
bis 13.000.000€ | 23% | 35% | 50% |
bis 26.000.000€ | 27% | 40% | 50% |
über 26.000.000€ | 30% | 43% | 50% |
Erbschaftsteuer Freibetrag: Wann muss ich zahlen?
Sämtliche gesetzlichen Regelungen zur Erbschaftssteuer sind im Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz geregelt. Die Pflicht, Erbschaftssteuer zu zahlen, entsteht in aller Regel mit dem Tod des Erblassers. Fällig ist sie frühestens mit Bekanntgabe des Erbschaftssteuerbescheids. Das Finanzamt kann die Steuerschuld in Einzelfällen aber auch ganz oder teilweise stunden, wenn die Summe an Erbschaftssteuer, die der Erbe zu zahlen hat, sehr hoch ist. In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit, beim Finanzamt einen Antrag auf Ratenzahlung zu stellen. Um zu verhindern, dass die Summe an Erbschaftssteuer die eigenen Finanzen sprengt, empfiehlt es sich unbedingt, den Erbschaftsteuer Freibetrag für Immobilien, den das Gesetz einräumt, vollumfassend in Anspruch zu nehmen. Der höchste Erbschaftsteuer Freibetrag bei Immobilien in Höhe von 500.000 Euro entfällt auf Ehepaare. Danach folgen Kinder (400.000 Euro), Enkelkinder (200.000 Euro), Eltern (100.000 Euro), Großeltern (100.000 Euro), Ehepartner nach Scheidung (20.000 Euro), Geschwister (20.000 Euro), Stiefeltern (20.000 Euro), Schwiegerkinder (20.000 Euro) und Schwiegereltern (20.000 Euro). Auch bei allen übrigen Erben beläuft sich der Erbschaftsteuer Freibetrag bei Immobilien auf 20.000 Euro. Damit keine Erbschaftssteuern anfallen, muss der Gesamtwert der Immobilie unter dem genannten Steuerfreibetrag liegen.
Neues Gesetz: Das ändert sich bei der Erbschaftssteuer Immobilien
Grundsätzlich hat das neue Jahressteuergesetz nichts an der Erbschaftssteuer an sich geändert. Auch die Freibeträge hierzu bleiben demnach die gleichen.
Stattdessen wurde jedoch die Art und Weise der Wertermittlung von vererbten Immobilien verändert, was wiederum weitreichende Auswirkungen auf die eigentliche Erbschaftssteuer hat. Der Wert der Immobilie, den das Finanzamt zur weiteren Berechnung der Steuer heranzieht, wird anhand mehrerer Parameter berechnet:
Einerseits anhand des Grundherstellungswerts, der wiederum über Faktoren wie die Wohnfläche und den allgemeinen Zustand der Immobilie ermittelt wird. Dieser bleibt auch mit dem neuen Jahressteuergesetz gleich.
Ein weiterer Faktor ist jedoch die Alterswertminderung, und hier tritt direkt eine Änderung in Kraft. Bekommt jemand eine Immobilie vererbt oder geschenkt, wird in Abhängigkeit vom Alter der Immobilie eine Alterswertminderung berücksichtigt. Diese beziffert konkret den Wertverlust, den der Erbe in Kauf nimmt, da die Immobilie bereits genutzt wurde. Für Erben von Neubauten fließt daher eine geringere Alterswertminderung ein als es bei Erben von alten Gebäuden der Fall ist. Bisher ist in diesem Kontext von einer maximalen Nutzungsdauer von 70 Jahren ausgegangen worden. Je näher das Alter der Immobilie also an 70 Jahre herankam, desto mehr Alterswertminderung wurde berücksichtigt, nach 35 Jahren zum Beispiel musste nur noch die Hälfte versteuert werden. Seit dem 1. Januar 2023 geht der Staat nun davon aus, dass statt der bisherigen 70 Jahre eine Nutzungsdauer von 80 Jahren die Regel ist. Entsprechend vergrößert sich auch der zu versteuernde Anteil der Immobilie.
Hinzu kommt noch der Bodenwert, der auf die Summe aufaddiert wird und im Vergleich zu den Vorjahren weiterhin unverändert bleibt. Was jedoch die größte Veränderung herbeiführt, ist die Änderung des Sachwertfaktors, die seit Anfang dieses Jahres greift. Mit dem Sachwertfaktor wird der Wert der Immobilie multipliziert, um anhand dessen den derzeitigen Immobilienmarkt abzubilden. Zuletzt lag dieser Wert bei rund 0,9 Prozent. Nun ist er mit dem Jahreswechsel auf mindestens 1,3 Prozent gestiegen und verteuert somit den Immobilienwert immens. Hinzu kommt für beliebte Regionen noch der neue Regionalwertfaktor von 1,1 Prozent, der in diesen Gebieten den vom Finanzamt angenommenen Immobilienwert weiter verteuert.
Welche Auswirkungen hat das auf die Erbschaftssteuer?
Die Erbschaftssteuer an sich definiert sich über die Wertermittlung durch das Finanzamt. Wenn dieser ermittelte Wert aufgrund des neuen Faktors also höher ausfällt, steigt einerseits die Wahrscheinlichkeit, über die Freigrenze bei geerbten Immobilien zu fallen, andererseits steigt ebenfalls der zu versteuernde Anteil der geerbten Immobilie. Neben dem vom Finanzamt angenommenen höheren Wert kommt außerdem ab einem Erbe von 300.000 Euro ein erhöhter Steuersatz von 15 statt 11 Prozent Steuern zum Einsatz. Einige Erben müssen so mit Steuerzahlungen in sechsfacher Höhe im Vergleich zur Vorjahresberechnung rechnen.
Am besten lässt sich dies anhand einer Beispielrechnung darstellen. Wir gehen von einer rund 20 Jahre alten Immobilie mit einem Herstellungswert von 270.000 Euro und einem Bodenwert von 300.000 Euro aus. Die Immobilie befindet sich in einer attraktiven Region, die nun vom Regionalfaktor betroffen ist.
Im Jahr 2022, als noch die alten Faktoren zur Wertberechnung durch das Finanzamt verhoben wurden, stellte sich die Rechnung folgendermaßen dar:
- Herstellungswert: 270.000 Euro
- Abzgl. Alterswertminderung: -77.000 Euro
- Zzgl. Bodenwert: 300.000 Euro
- Zzgl. Sachwertfaktor (0,9): 443.700 Euro
Der vom Finanzamt angenommene Wert betrug daher im Jahr 2022 rund 443.700 Euro. Die identische Rechnung sieht nun im Jahr 2023 aufgrund der neuen Parameter jedoch anders aus:
- Herstellungswert: 270.000 Euro
- Abzgl. Alterswertminderung: -67.500 Euro
- Zzgl. Bodenwert: 300.000 Euro
- Zzgl. Sachwertfaktor (1,3): 653.250 Euro
- Zzgl. Regionalfaktor (1,1): 718.575 Euro
Mit dem Jahreswechsel und der neuen Werteberechnung steigt der vom Finanzamt angenommene Wert somit von rund 443.700 Euro auf rund 718.575 Euro. Da neben dem Freibetrag von 400.000 Euro ebenfalls die Grenze für einen ermäßigten Steuersatz, die bei 300.000 Euro Erbe liegt, überschritten wurde, müssen rund 319.000 Euro zu einem Steuersatz von 15 Prozent versteuert werden – im Vorjahr wären es noch 44.000 Euro zu einem Steuersatz von 11 Prozent gewesen. Die Rechnung zeigt: Es werden mit dem neuen Gesetz nicht nur mehr Leute erbschaftssteuerpflichtig, die Steuer fällt außerdem noch höher aus.
Erbschaftssteuer Immobilien: Wie lassen sich Steuern sparen?
Selbstverständlich geben wir keine Tipps, um Steuern zu hinterziehen. Es gibt jedoch eine Option, wie sich die Erbschaftssteuer ganz legal umgehen lässt: Ein schnelles Verschenken vermeidet ein Erbe. Dabei bedeutet die Schenkung nicht, dass Sie als aktueller Eigentümer aus der Immobilie ausziehen müssen. Durch einen entsprechenden Vermerk im Vertrag, der ein Wohn- oder Nießbrauchrecht vorsieht, kann auch rechtskräftig sichergestellt werden, dass Sie nach der Schenkung weiterhin in der Immobilie wohnen können. Gleichzeitig senkt solch eine Klausel den Immobilienwert, was sich wiederum positiv auf die Schenkungssteuer auswirken kann.
Vermacht allerdings ein Erblasser dem Ehepartner oder den Kindern zum Beispiel sein Eigenheim, in dem er bis zu seinem Tod gelebt hat, so entfällt die Erbschaftssteuer bei Immobilien. Voraussetzung ist, dass der Erbe zum einen innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt der Erbschaft einzieht, zum anderen vorhat, für mindestens zehn Jahre in der Immobilie wohnen zu bleiben. Wird das Eigenheim in dieser Zeit dennoch verkauft oder vermietet, fällt rückwirkend Erbschaftssteuer an. Wer also die Erbschaftsteuer umgehen möchte, muss die geerbte Immobilie für mindestens zehn Jahre als Hauptwohnsitz ausweisen. Bei Kindern gilt zusätzlich eine Beschränkung von 200 Quadratmetern Fläche. Alles, was darüber liegt, muss wiederum versteuert werden.
Eine weitere Möglichkeit, die Erbschaftsteuer bei Immobilien zu umgehen, liegt vor, wenn der Erbe nachweisen kann, die Immobilie aus dringenden Gründen verkaufen zu müssen – so zum Beispiel, weil er in ein Altenheim zieht. Ebenfalls umgehen lässt sich die Erbschaftssteuer beim Verschenken einer Immobilie. Dabei muss der Erbe nicht einmal unbedingt auf sein Nutzungsrecht verzichten. Wichtig ist, dass eine Schenkung immer durch einen notariell beurkundeten Vertrag beglaubigt wird, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.
Jetzt geerbte Immobilie verkaufen
Wer eine Immobilie erbt, muss jede Menge Entscheidungen treffen – darunter auch, was nun mit dem Objekt zu geschehen hat. Erben, für die ein Umzug, das Ausschlagen des Erbes oder eine Vermietung nicht in Frage kommt, haben natürlich immer auch die Möglichkeit, die geerbte Immobilie zu verkaufen. Damit das Verkaufsvorhaben von Erfolg gekrönt ist, gilt es, frühzeitig eine objektive Wertermittlung zu beauftragen. Dabei werden Kriterien wie Größe, Umfeld, Modernisierungsstand und Nutzungsmöglichkeiten der Immobilie mit herangezogen. Im Idealfall beauftragen Erben einen kompetenten Makler, der eine große Sicherheit bieten kann, weil er jahrelange Erfahrung darin hat, den richtigen Preis zu finden – und auf diese Art und Weise einen hohen Verkaufserlös zu erzielen. Wir, das Team von Sorglosmakler, sind immer für Sie da, wenn es darum geht, eine geerbte Immobilie zu verkaufen. Gerne stehen wir Ihnen mit unserem Netzwerk in allen Fragen rund um die Erbschaftsteuer bei Immobilien zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!
Fazit
Zwar hat sich die Erbschaftssteuer an sich nicht verändert, aber dennoch bringt das neue Jahressteuergesetz mit den Änderungen bei der Wertermittlung von Immobilien einige Verteuerungen mit sich. Die Veränderungen bei der Alterswertminderung und dem Sachwertfaktor wirken sich so unmittelbar auch auf Erben, deren Überschreitung der Freibeträge und die Erbschaftssteuer aus.
Hauseigentümer von wertvolleren Immobilien sollten daher bereits frühzeitig prüfen, ob sich ein Verschenken der Immobilie lohnen kann, da gerade der Erbschaftssteuer Freibetrag bei hochwertigen Immobilien nun schneller überschritten wird. Gleiches gilt auch für Eigentümer, die an nur eine Person, beispielsweise ein Einzelkind vererben: Auch dann wird der Erbschaftssteuer-Freibetrag für Immobilien früher überschritten als bei einem Aufteilen des Erbes auf mehrere Parteien, sodass sich eine Schenkung zu Lebzeiten auch in diesen Fällen lohnen kann. Bedenken Sie jedoch, die nötigen vertraglichen Gegebenheiten zu Wohnrecht oder Nießbrauch zu regeln – so können Sie sicher sein, dass Sie im Nachgang keine bösen Überraschungen erwarten.