Was ist eine Erbengemeinschaft?
Bei einem Todesfall kommt es häufig vor, dass mehrere Verwandte gemeinsam erben und damit eine sogenannte Erbengemeinschaft bilden. Ab dem Zeitpunkt des Todes halten sie das Erbe im Gesamteigentum, was bedeutet, dass alle Entscheidungen bezüglich des Erbes nur gemeinsam getroffen werden können. Dies gilt unabhängig davon, wie das Erbe aufgeteilt ist. Selbst wenn sich nur ein Erbe widersetzt, können Beschlüsse und Entscheidungen blockiert werden. In extremen Fällen kann dies die Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft lähmen und die Aufteilung des Erbes verzögern, was unter Umständen den Wert des Nachlasses mindert. Besonders bei Immobilien kann Uneinigkeit unter den Erben zu erheblichen Problemen führen und den gemeinsamen Interessen schaden. Bei der Verwaltung von Immobilien müssen alltägliche organisatorische Aufgaben wie Betrieb, Verwaltung, Reparaturen und Vermietung gewährleistet sein. Bei Objekten mit vermieteten Wohnungen, Zimmern oder Garagen müssen die Mieten weiterhin eingezogen werden. Zudem könnte es notwendig sein, eine leerstehende Wohnung neu auszuschreiben und zu vermieten. Wesentliche Entscheidungen, beispielsweise Vertragsabschlüsse mit Handwerkern oder Banken, Entscheidungen über Mietverträge und die Nutzung der Immobilie, müssen von der Erbengemeinschaft gemeinsam und einstimmig getroffen werden.
Die Verwaltung sicherstellen – aber wie?
Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme vom Prinzip der Einstimmigkeit, die insbesondere bei Liegenschaften sehr relevant ist: die Notfallregelung. Bei dringenden Fällen, wie etwa wenn ein Sturm das Dach einer zum Nachlass gehörenden Liegenschaft beschädigt oder im Winter die Heizung ausfällt, darf jedes Mitglied der Erbengemeinschaft eigenständig Reparaturen in Auftrag geben.
In der Regel müssen Verträge von allen Erben gemeinsam unterzeichnet werden. Auch Entscheidungen über Verkauf, Umbau oder Sanierung können nur getroffen werden, wenn alle Mitglieder der Erbengemeinschaft zustimmen. Die Situation wird besonders kompliziert, wenn die Erbengemeinschaft aus einer großen Zahl von Erben besteht, einschließlich Verwandten im Ausland, mehreren Tanten und Onkeln, sowie Kindern von Miterben. Eine Erbengemeinschaft ist formell handlungsunfähig, wenn einzelne Erben nicht auffindbar sind.
Häufig ist es sinnvoll, einer oder mehreren Personen eine Vollmacht zu erteilen, um die Erbengemeinschaft nach außen zu vertreten. Diese Vollmachten können unterschiedlich ausgestaltet sein, beispielsweise für spezifische Bankgeschäfte (Vollmacht über ein Konto), die Verwaltung der Liegenschaft oder in einem umfassenderen Rahmen.
Vollmacht und Willensvollstrecker
Eine solche Vollmacht benötigt die Zustimmung aller Erben. Auch hier besteht eine gewisse Unsicherheit, denn wenn ein Erbe der bevollmächtigten Person das Vertrauen entzieht, kann die Vollmacht widerrufen werden. Bei Meinungsverschiedenheiten hat jeder Erbe zudem die Möglichkeit, beim zuständigen Nachlassgericht die Bestellung eines Nachlasspflegers oder eines Testamentsvollstreckers zu beantragen, gemäß den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Maßnahme ist jedoch nicht erforderlich, wenn der Erblasser bereits einen Testamentsvollstrecker bestimmt hat.
In Deutschland regeln die §§ 2203 ff. BGB die Aufgaben und Rechte eines Testamentsvollstreckers, während die Bestellung eines Nachlasspflegers gemäß § 1960 BGB erfolgt, wenn das Erbe ungeklärt ist oder andere Konflikte unter den Erben bestehen. Eine Vollmacht sollte daher sorgfältig und unter Berücksichtigung dieser möglichen Szenarien erteilt werden.
Viele Schwierigkeiten können vermieden werden, wenn der Erblasser im Testament einen Willensvollstrecker benennt. Die Hauptaufgabe des Willensvollstreckers besteht darin, das Nachlassvermögen bis zur endgültigen Aufteilung zu verwalten und die Anweisungen des Testaments umzusetzen. Der Erblasser kann dabei eine Person oder Institution seines Vertrauens bestimmen, beispielsweise einen Rechtsanwalt, Notar, eine Institution oder ein Familienmitglied. Bei der Wahl eines Miterben muss jedoch bedacht werden, dass potenzielle Interessenkonflikte auftreten könnten. Solche Konflikte lassen sich vermeiden, indem der Willensvollstrecker unabhängig und neutral handelt.
Grundsätzlich übernimmt die Erbengemeinschaft auch die Schulden des Erblassers. Bei Immobilien muss stets geprüft werden, ob offene Rechnungen vorhanden sein könnten.
Die einzelnen Erben haften solidarisch für die Schulden und sogar mit ihrem persönlichen Vermögen. Gläubiger, wie zum Beispiel Banken, können Ansprüche sowohl gegen die Erbengemeinschaft als auch gegen die einzelnen Erben geltend machen.
Vermögen oder Schuldenberg?
In vielen Fällen kennen die Erben die finanziellen Details des Verstorbenen nicht genau, was zu der berechtigten Frage führt, ob sie ein Vermögen oder eher Schulden geerbt haben. Aufgrund dieser Ungewissheit stehen den Erben verschiedene Optionen zur Verfügung. Sie können beispielsweise die Erstellung eines öffentlichen Inventars beantragen.
Im Extremfall haben die Erben auch die Möglichkeit, die Erbschaft abzulehnen. Hierfür steht ihnen eine Frist von drei Monaten nach Kenntnisnahme des Todesfalls zur Verfügung. Verstreicht diese Frist ohne Ablehnung, wird die Erbschaft grundsätzlich als angenommen betrachtet.
Es ist daher wichtig, sich schnellstmöglich einen Überblick über die finanzielle Situation zu verschaffen. Die letzte Steuererklärung des Verstorbenen, Kontoauszüge von Banken oder ein Auszug aus dem Betreibungsregister können wichtige Informationen liefern. In der Regel wird behördlich ein Steuerinventar erstellt, das auch Schulden enthält.
Wenn der Nachlass hauptsächlich aus Immobilien besteht, ist eine Überschuldung durch Bankkredite eher unwahrscheinlich. Jeder Fall sollte jedoch genau geprüft werden. Viele private Immobilienbesitzer haben über die Jahre hinweg Kredite getilgt, während der Wert der Immobilien gestiegen ist. Daher ist es wahrscheinlich, dass die Aktiva die Passiva übersteigen, was normalerweise keinen Grund darstellt, die Erbschaft abzulehnen.
Konflikte können bereits zu Beginn auftreten, wenn es darum geht, das tatsächliche Nachlassvermögen zu ermitteln. Es ist möglich, dass der Verstorbene zu Lebzeiten bereits Verwandte oder nahestehende Personen durch Zuwendungen oder Teile des Vermögens begünstigt hat. Es ist nämlich völlig zulässig, zu Lebzeiten frei über das eigene Vermögen und auch über Immobilienbesitz zu entscheiden.